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Jetzt mit Alpaka: „Stoff und Faden“, das Materiallexikon

Stoff und Faden

Liebe Leserinnen und Leser,

Ende des Jahres erschien eine neue Auflage des Materiallexikons „Stoff und Faden“, das ja im Sommer einige Monate nicht verfügbar war, während wir die neue Auflage vorbereiteten. Das „neue“ Materiallexikon sieht fast so aus wie das alte, hat aber mehr Seiten und einige neue Einträge und Verbesserungen.

Was ist neu?

  • Im vorderen Umschlag findet sich eine handliche Tabelle mit den Abkürzungen von Materialbezeichnungen zum Nachschlagen. Wenn man Stoff oder Kleidung kauft kann man so schnell ermitteln, was kryptische Abkürzungen wie „WV“ oder „PES“ zu bedeuten haben. (Auflösung: WV ist Schurwolle, PES bezeichnet Polyester)
  • Ein sympathisches Alpaka (von 1830) illustriert den neuen Eintrag zu Alpakafasern. Neu sind auch Einträge zum Beispiel zu Funktionsstoffen wie Cordura und Etaproof und neue Materialien wie veganes Kunstleder und Stoffe aus Eiweißfasern (Milch, Soja). Einige der alten Einträge wurden außerdem verbessert und ergänzt, zum Beispiel der Artikel über Einlagen. Das neue Lexikon hat 16 Seiten mehr Umfang und enthält 25 Einträge mehr als das alte.
  • Eine kurze Übersicht zu Textilsiegeln. Es war mir ein Anliegen, wenigstens knapp aufzuzeigen, wo Stärken und die Tücken bei den verbreitetsten textilen Zertifikaten und Biosiegeln liegen und Hinweise zu geben, wie man sich weiter informieren kann. Wusstet ihr zum Beispiel dass „Ökotex 100“ schadstofffreie Textilien kennzeichnet, aber gar nichts mit ökologischer Erzeugung der Fasern zu tun hat?
  • Und nicht zuletzt gibt es ganz hinten eine Übersicht der Waschsymbole, die man von Kleideretiketten kennt, aber vielleicht nicht deuten kann.

Das „alte“ Stofflexikon ist schon ein Klassiker geworden, nicht nur unter Hobbyschneiderinnen. Ich hoffe, dass euch das “neue” Lexikon noch besser gefällt und es euch jahrelang ein zuverlässiger Begleiter beim Stoffkauf und beim Nähen sein wird. Das Buch gibt es hier bei uns im Shop, in jeder Buchhandlung und auch im Onlinebuchhandel. Empfehlt es gerne weiter, wenn es euch gefällt, und schenkt es eurer Nähfreundin.

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Sprechen wir über Fasern

Auch das können Kunstfasern: Alyene Barker näht im Mai 1973 mit Hilfe dreier Kolleg*innen ein Sonnenschutzsegel für das Skylab der NASA. Der Sonnenschutz besteht aus drei Lagen: aluminiumbeschichtetes Mylar (eine Art Polyesterfolie), in der Mitte laminiertes Ripstop-Nylon, dünner Nylonstoff darunter. Foto: NASA, CC BY-NC 2.0

Liebe Leserinnen und Leser,

“sind Naturfasern besser als Kunstfasern?” ist eine Frage, die mir bei Materialworkshops oft gestellt wird und unter anderem über diese Frage sprach ich mit Meike Rensch-Bergner in der zweiten Folge unserer gemeinsamen Staffel des “Passt”-Podcast von Crafteln.de über Textilien, Kleidung und Mode.

“Es kommt ganz darauf an”, lautet dievorsichtige (und kluge) Antwort, denn letztlich hängt die Bewertung eines Materials davon ab, zu welchem Zweck es verwendet werden soll und welche Anforderungen es erfüllen muss. Vor der Erfindung der ersten Kunstfasern Ende des 19. Jahrhunderts stammte jede Faser, die zu Textilien verarbeitet wurde, aus einer natürlichen Quelle – sie wurde landwirtschaftlich angebaut und geerntet wie Baumwolle und Leinen, Tiere wurden dafür aufgezogen wie Seidenraupen und Wollschafe. Wie andere Agrarprodukte auch unterlagen die Fasern in Menge und Qualität natürlichen Schwankungen, waren von Wetter und Klima abhängig. Missernten vernichteten nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch Faserpflanzen. Der Baumwollanbau erforderte viel Feldarbeit, damit die Pflanzen gediehen; erst in den späten 1940er Jahren konnten die Fasern maschinell gepflückt werden. Schafe und Seidenraupen konnten krank werden, sie brauchten Futter und Pflege.

Die Möglichkeit, aus einfachen Grundstoffen wie Zellulose und Erdölbestandteilen Fasern in konstanter Qualität und nahezu unbegrenzter Menge herstellen zu können, das ganze Jahr hindurch, sieben Tage die Woche, revolutionierte die Textilindustrie. Sie ermöglichte die Demokratisierung der Mode – und sorgt gleichzeitig für das Überangebot an billiger Kleidung, das heute hinsichtlich Ressourcenverbrauch und Entsorgung ein Problem darstellt. Durch die Beimischung synthetischer Fasern werden oft die Eigenschaften von Naturfasern verbessert: Stoffe knittern weniger, sind elastisch, scheuerfester und pflegeleichter – andererseits setzen synthetische Stoffe oft Mikroplastik frei, Mischgewebe lassen sich so gut wie nicht recyceln und werden am Ende ihrer Lebendauer zu nicht wiederverwertbarem Müll. Der Baumwollanbau hat schon ganze Landstriche verwüstet – aber auch die Grundbestandteile synthetischer Fasern sind endlich, die Produktion verbraucht Wasser und Energie und setzt Stoffe frei die schädlich sind, wenn sie in die Umwelt gelangen.

Sicher ist, dass der Bekleidungsbedarf der Welt nur duch Naturfasern nicht mehr zu decken wäre – aktuell bestehen rund 70 Prozent aller weltweit produzierten Textilfasern aus synthetischen Polymeren, was ein Blick in den eigenen Kleiderschrank vermutlich bestätigt.

In der aktuellen Podcastfolge 81 sprechen Meike und ich unter anderem über natürliche und künstliche Fasern, Strategien für den Stoff- und Kleidungskauf und Merkmale guter Stoffqualität. Die Folge kann man direkt hier anhören, auf der Seite des Passt-Podcasts von Crafteln und man findet den Podcast überall, wo es Podcasts gibt.

Bis bald!

Constanze Derham

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Sprechen wir über Textilien

Liebe Leserinnen und Leser,

wozu braucht man Bücher über Textilien, Kleidung und Mode? Gibt es dazu überhaupt so viel zu sagen?

Das werde ich tatsächlich häufig gefragt und meine These ist: Ja, unbedingt. Textilien sind in unserer Kultur allgegenwärtig und so elementar wie Essen und Trinken. Jede*r nutzt täglich Textilien, jede*r konsumiert sie, Textilien sind mit das erste, das andere Menschen von uns wahrnehmen. Auch die unabhängigste Person folgt beim Sichkleiden bestimmten Regeln und Kriterien. Was wir tragen hat etwas mit uns zu tun, mit der Person, die wir sind, mit der Person, die wir sein wollen, mit unserer Umgebung, mit unseren Lebensumständen, mit unseren sozialen Beziehungen. Textilien waren mit dem Menschen auf dem Mond, auf dem Meeresgrund und auf dem Mount Everest.

Textilien haben den Lauf der Geschichte mitgeprägt, Handelsbeziehungen etabliert, technologischen Fortschritt angestoßen, unsere Umwelt verändert. Der großen Bedeutung von Kleidung und Textilien für unsere Gesellschaft steht aber ein zunehmend geringeres Wissen über Materialien, Herstellungsweisen, Textilqualitäten, Textilpflege gegenüber.

Dabei wäre dieses Wissen gerade jetzt so nötig, um weniger Textilien zu verbrauchen, Kleidung besser zu pflegen und länger zu nutzen. Nach Schätzungen ist die Herstellung von Kleidung und Schuhen derzeit für 10 Prozent der CO2-Emissionen weltweit verantwortlich – von Wasserverschmutzung, der Ausbeutung der Hersteller*innen und dem Müllproblem ganz abgesehen.

Wollen wir das Klimaproblem und das Gerechtigkeitsproblem lösen, müssen wir unseren Textilkonsum zurückschrauben, weniger und besser Textilien konsumieren und unser Verhältnis zur Kleidung ändern – so, wie wir uns heute Gedanken machen, wo und unter welchen Umständen Lebensmittel produziert werden.

Dies ist nur einer der Gründe, warum ich mich für die Verbreitung von Textilwisssen engagiere. Über die sozialen Aspekte von Kleidung haben wir damit noch nicht gesprochen: Über Mode, über Kleidung als Ausdruck der Persönlichkeit, über Kleidung als soziale Konvention, die mit dem Bild zusammenhängt, das unsere Gesellschaft von Körpern und Geschlechtern hat.

Über das vielschichtige Thema Kleidung, Mode und Textilien unterhalte ich mich in den nächsten Wochen als Gast im “Passt-Podcast” von Meike Rensch-Bergner – Crafteln. Den Podcast findet man bei den üblichen Podcastanbietern, die erste Folge der Staffel hier bei Crafteln: Kleidung im Gespräch – 1. Folge oder auch direkt hier:

Am kommenden Donnerstag, 24. Juni gibt es um 20.30 Uhr zusätzlich die Gelegenheit, sich mit Meike und mir direkt via Zoom über das Thema Textilien auszutauschen. Den Link zum Gesprächsraum gibt es hier bei Crafteln, Fragen und Themenwünsche können gerne vorab an Meike oder an mich (cd @ texte-und-textilien.de) geschickt werden.

Vielleicht hören und sehen wir uns dann? Ich würde mich freuen!

Herzlich, Constanze Derham